Stadt Kempen, 21. Februar 2015. Im Vorfeld der Denkmalausschusssitzung am kommenden Montag, den 23. Februar 2015, äußert die Bürgerinitiative „Denk mal an Kempen“ erneut ihren Unmut über die Vorgehensweise der Kempener Stadtverwaltung. Nicht nur das Neubauprojekt Peterstraße 20 / Donkwall steht auf der Tagesordnung; der Ausschuss wird sich auch mit der Planung für den Umbau von An Sankt Marien 8 befassen. Hier werden bereits in der Vorlage Bedenken des Landesamtes für Denkmalpflege im Rheinland völlig übergangen.

Im Anschluss an eine Ortsbegehung im letzten November hat der LVR-ADR in seiner Stellungnahme Kritik hinsichtlich der Umbaupläne von An Sankt Marien 8 angemeldet. Die Experten des Landesamts stellen grundsätzlich die Notwendigkeit für Veränderungen an der Fassade des Denkmals infrage. Die Begründung des Bauherrn, es gäbe für die Eingriffe in die Fassade Gründe des Brandschutzes, entkräftet der LVR. Als Kompromiss schlagen die Experten vor, das Notausstiegsfenster in der Kopfseite zu installieren – die historische Fassade könnte bestehen bleiben, die Anmutung des Denkmals würde nicht unwiederbringlich zerstört.

Die Kempener Bürgerinitiative „Denk mal an Kempen“, die sich aufgrund des Bauvorhabens Peterstraße 20 im März vergangenen Jahres gegründet hatte und ein komplettes Umdenken in der Denkmalpolitik von Stadt und Verwaltung fordert, kritisiert die Beschlussvorlage. „Zwar ist die Stellungnahme des LVR beigefügt, dennoch wird diese in der Beschlussvorlage der Verwaltung komplett ignoriert, gerade die Gaube wird weiterhin als notwendig bezeichnet, obwohl der LVR dies glaubhaft entkräften konnte. Die Denkmalschützer schlagen viele Kompromisse vor, die eine moderne Nutzung und einen Erhalt des Denkmals ermöglichen würden, die Verwaltung folgt dennoch den Plänen des Bauherrn. Sie geht mit keinem Wort auf die Anregungen des LVR ein“, so Claudia Pinkle von Denk mal an Kempen.

„Während die Stadt Kempen in der Vergangenheit mehrfach die mangelnde Kompromissfähigkeit des LVR kritisierte, zeichnen die Stellungnahmen ein anderes Bild“, so Kurt van Doorn (Denk mal an Kempen) und fährt fort: „Der LVR zeigt sich bei An Sankt Marien 8 kompromissbereit und besteht nicht auf einer Eintragung von Ellenstraße 40. Die fehlende Kompromissbereitschaft liegt hier wohl eher auf Seiten der Verwaltung. Eine Zustimmung zum Verwaltungsbeschluss halten wir als Initiative für vollkommen undenkbar: Es gibt keinen Grund für die Eingriffe in die Fassade von An Sankt Marien 8.“

Bereits im November haben Werner Beckers und Dr. Hans Kaiser, beide aktiv bei „Denk mal an Kempen“ und Experten der Kempener Stadtgeschichte, die historischen Besonderheiten des Hauses – ehemals „Wäsche Willi“ – herausgestellt:

„Das Haus An St. Marien 8 gehört zu einem Gebäudekranz, der die Immunität, das heißt den Hoheits- und Gerichtsbereich der Pfarrkirche und den alten Kirchhof umgab. Der Standort der Häuser und ihre Parzellen entstammen also dem späten Mittelalter. Das Gebäude zeigt beispielhaft die Veränderung des mittelalterlichen Stadtbildes Kempens durch die Industrialisierung. Die Häuserzeile, in der es liegt, besteht ursprünglich aus Fachwerkhäusern (für die Häuser An St. Marien 2-6 ist das eindeutig nachgewiesen), die etwa seit 1870 erweitert und teilweise zu Geschäftslokalen umgebaut wurden. Wie das ursprünglich wohl zweigeschossige Haus An St. Marien 8, das um 1870 ein Dachgeschoss mit vier rundbogigen Doppelfenstern erhielt. Eine verputzte Fassade und ein großes Schaufenster, in der Mitte gestützt durch eine gusseiserne Säule, sollten den Charakter des Geschäftshauses unterstreichen. Über dem Erdgeschoss prangte der Name des Geschäftes in einem Putzfeld, das heute leer ist. Eine Modernisierung der Fassade oder eine Aufstockung mit Gauben würden diese historischen Merkmale zerstören.“ 

Eben dieser Ansicht folgt der LVR-ADR in seiner Stellungnahme. Nach den Vorgängen um Peterstraße 20, der Verlegung von Stolpersteinen und der Schachtanlage Tönisberg hoffen die engagierten Bürger weiterhin auf ein Umdenken von Politik und Verwaltung und auf eine stärkere Bürgerbeteiligung.